Flo hatte uns vor einigen Tagen mal wieder reichlich Kummer bereitet: Am Freitagabend dem 14. November schrie sie ganz plötzlich und ohne sichtbaren Grund auf. Kurz darauf erschien sie uns jedoch wieder normal. Leider hörten wir Samstagfrüh einen verzweifelten Aufschrei, als sie gerade durch das Bücherregal hinter den Fernseher krabbelte. Und als sie sich endlich aus dem Versteck befreit hatte, bewegte sie sich mit hochgezogenem linken Hinterlauf rückwärts. Der Schmerz war anscheinend so groß, dass sie sich auf die Seite fallen ließ und hilflos am Boden liegen blieb. Plötzlich stand sie auf, als wäre nichts gewesen. Sie wollte danach sogar in den Garten. Und als sie den Morgenspaziergang durch ihr Revier beendet hatte, sprang sie wieder vom Garagendach ca. 2,3 m in die Tiefe – auf die Betonplatten vom Treppenhaus. Danach verbrachte sie den größten Teil vom Samstag schlafend auf dem Bett.
Auch am Nachmittag mussten wir zusehen, dass sie zunächst ganz selbstverständlich vom Bett sprang. Aber nur wenige Schritte danach hob sie rückwärtslaufend wieder die linke Hinterpfote und wimmerte kläglich. Sie warf sich auf die Seite und blieb erschöpft liegen. Der schmerzende Bereich sah äußerlich unauffällig aus, aber anfassen durften wir ihr Beinchen nicht.
Also war das mal wieder ein Fall für den Tierarzt. Die uns fremde Praxis, die am Samstag noch bis 16 Uhr reguläre Sprechstunde hatte, konnte uns aber erst für Sonntag um 10 Uhr einen Notdienst-Termin geben. Und bedingt durch die Corona-Beschränkungen hätten wir dort die verängstigte Flo in der Transportbox draußen vor der Kliniktür übergeben müssen, um dann telefonisch ihr zeitweise auftretendes Bewegungsproblem zu schildern. Eine mögliche Diagnose mit Behandlungsvorschlag hätten wir ebenfalls nur draußen wartend über das Telefon erhalten. Es ergab sich glücklicherweise am späten Nachmittag, dass Wolfgang ein kurzes Video von Flo während einer Schmerzattake aufnehmen konnte. Aber je mehr wir abends im Internet recherchierten, schien Flo sich ein komplexeres Bewegungsproblem eingehandelt zu haben: Wir tippten auf eine Kniescheibenverrenkung. Doch da der Schmerz auch am Sonntag nur zeitweilig und recht kurz auftrat, sagten wir den Notdienst-Termin lieber ab.
Am Montag bekamen wir in der uns vertrauten Praxis erst abends bei unserem neuen Tierarzt einen Termin. Auch dort ist wegen Corona nun einiges so ganz anders. Denn zur Zeit darf nur noch eine Bezugsperson den kleinen Patienten in den Untersuchungsraum begleiten. Doch das kurze Video war für erste Diagnose-Überlegungen recht hilfreich. Der Tierarzt vermutete einen Muskelfaserriss oder gar Kreuzbandriss. Erst in der weiteren Unterhaltung kamen wir auf den Katzen-Kampfschrei zu sprechen, den Wolfgang Freitagmorgen im Garten gehört hatte, als Flo noch on Tour war. Sicherheitshalber sah er sich das Beinchen nochmals genauer an und fand tatsächlich eine winzige verschorfte Wunde am Oberschenkel. Also bekam Flo zum 5. Mal in ihrem noch recht kurzen Leben schon wieder ein Antibiotikum verordnet. Und ein Schmerzmittel sollten wir ihr etwa 10 Tage lang geben.
Die Eingabe der Medikamente verlief vollkommen problemlos. Denn das Antibiotikum für 5 Tage roch für Flo so verführerisch gut, dass sie am nächsten Morgen sogar schon auf dem Küchentisch ihre Tablette - verpackt in einen weichen Snack - sehnsüchtig erwartete. Und das Schmerzmittel brauchten wir ihr abends nur über eine neue Sorte Tockenfutter zu geben. Trotzdem dauerte es über eine Woche, bis sie sich wieder schmerzfrei bewegen konnte ...
Und da wir vor vielen Jahren die Kleine Maus nach dem tiefen Fall - beim Sprung vom Garagendach zum höhergelegenen Gründach - meist von der Kante des Garagendaches abholen mussten, dachten wir bei der verletzten Flo nun sofort an die Anschaffung einer Katzenleiter. Denn trotz der Schmerzen sprang sie auch weiterhin vom Dach in die Tiefe, und das war sicherlich nicht förderlich für den Heilungsprozess.
Nachdem wir mal wieder das www zu Rate gezogen hatten, kam ich jedoch auf eine schnelle, günstige und vor allem zum Garten passendere Idee: Unsere Korkenzieherweide hinter der Garage hatte unter dem ersten Spätsommersturm gelitten. Denn während wir damals morgens noch ganz gemütlich vom Bett aus in den Garten schauten, bog sich plötzlich ein dicker mit Efeu bewachsener Weidenast immer mehr vor dem Treppenhaus nach unten. Bei stürmisch-feuchter Witterung mussten wir den Ast schnell entfernen, bevor er unkontrolliert herunterkrachte. Die Stelle, wo der alte Baum anscheind morsch geworden ist, konnten wir durch den dichten Efeubewuchs noch nicht erkennen. Aber es stand seitdem fest, dass auch der ausladende Ast über dem Garagendach entfernt werden musste, um zumindest die Bruchstelle zu entlasten und den Efeubewuchs somit zu erhalten. Flo zuliebe stieg ich also aufs Dach, um nach und nach die dünneren Äste zu entfernen. Am Ende blieb ein etwa 3m langes schweres Aststück, dass wir mit vereinten Kräften über die Leiter in den Garten rutschen ließen. Für den besseren Stand wurde mittels alter Lichterkettenzuleitungen noch ein weiteres Weidenstück in der Gabelung des Astes festgebunden, und fertig war die improvisierte Katzenleiter.
Nur für Flo war das Ding leider so gar nix. Sie wollte nach einem längeren Gartenspaziergang nur noch zurück ins Haus. Doch sie wurde sicherheitshalber zu einem Zwangstest verdonnert. In der Hoffnung, dass sie diese natürliche Leiter später trotzdem für sich entdecken würde.
Es kam jedoch ganz anders: Nach Krümelchen fand der Nachbarskater Cäsar einige Tage später diesen bequem Weg. Und Finja benötigte noch bis zum 28. November, um die Katzenleiter endlich auch für sich zu entdecken. Doch Flo sprang weiterhin lieber vom Garagendach ...
... bis heute!
Und da es ihr dort gut gefiel, stieg sie
wieder auf und dann nochmals ab ...
Fotos: W.Hein